Momentan passe ich auf den Hund und die Katze einer Freundin auf, die praktischerweise nur einige Stockwerke über mir wohnt. Aus diesem Anlass will ich mich heute näher mit Tierheimen und kommerziellen Züchtern in Amerika befassen. Welche Gesetze gibt es hier und wie ist der Umgang mit Tieren in den Staaten?
WIE ARBEITEN DIE TIERHEIME HIERZULANDE?
Es dürfte ja allgemein bekannt sein, dass die USA ein riesiges Land ist und aus 50 Staaten besteht. Diese könnten teilweise nicht unterschiedlicher sein. Das spiegelt sich auch in der Gesetzgebung wieder. Eines haben alle Staaten jedoch gemeinsam: Laut Gesetz dürfen Tiere, die nicht vermittelt wurden, eingeschläfert werden. Auch wenn sie bei bester Gesundheit sind und keinerlei Gefahr für die Allgemeinheit darstellen. Was in Deutschland unvorstellbar ist, ist hier leider trauriger Alltag.
Es gibt vier verschiedene Tierheimmodelle:
- No Kill Shelters* retten gesunde und behandelbare Tiere. Sie schläfern Tiere ein, die “nicht vermittelbar” sind, unerträglich leiden oder gefährlich für Menschen und andere Tiere sind.
- Never Kill Shelters schläfern niemals Tiere ein. In diesen Tierheimen bleiben die Tiere oft jahrelang in Käfigen ohne angemessene Sozialisierung und Pflege. Never Kill Shelters beherbergen oft einen großen Anteil an verhaltensgestörten und nicht rehabilitierbaren Hunden.
- Traditionelle oder “Open Door” Private Shelters beherbergen alle Tiere, unabhängig von der Kapazität und den Ressourcen des Tierheims. Wenn sie keine No-Kill-Gemeinschaft sind, verwalten diese Unterkünfte ihre Tierheimpopulation, indem sie Tiere einschläfern, die gesund sind oder behandelbare Krankheiten haben.
- Animal Control Shelters sind staatliche Auffangstationen oder private Unterkünfte, die Verträge mit der Regierung abgeschlossen haben. Die Hauptaufgabe dieser Tierheime lautet: die Tierpopulation zu kontrollieren, indem sie Streuner von den Straßen einfangen.
* Zum Thema No Kill Shelter sei noch gesagt, dass der Schein hier leider trügen kann. Wenn ein Tier nicht in einer bestimmten Zeit (in der Regel wenige Monate) vermittelt werden kann, wird es in ein anderes Tierheim versetzt. Schließlich benötigt man Platz für Neuankömmlinge. Das andere Tierheim kann unter Umständen auch ein Kill Shelter sein. Der Begriff: “nicht vermittelbar” ist sehr dehnbar. In einigen Tierheimen beutetet das zum Beispiel, dass ein Hund der jünger als acht Wochen oder älter als fünf Jahre ist, oder lediglich eine Erkältung hat als “nicht vermittelbar” gilt.
ZAHLEN ZU U.S. TIERHEIMEN
Zunächst sei gesagt, dass es derzeit keine Regierungsbehörde oder Tierschutzorganisation gibt, die für die Erstellung nationaler Statistiken verantwortlich ist. Bei den Zahlen handelt es sich lediglich um nationale Schätzungen. Dennoch ergeben diese ein anschauliches Bild.
(Quelle: ASPCA)
- Schätzungsweise leben ungefähr 78 Mio. Hunde und 85,8 Mio. Katzen in amerikanischen Haushalten. (Quelle: American Pet Products Association 2015-2016 (APPA))
- Ungefähr 6,5 Mio. Tiere landen jährlich in amerikanischen Tierheimen. Etwa 3,3 Mio. Hunde und 3,2 Mio. Katzen. Glücklicherweise gehen die Zahlen seit Jahren immer weiter zurück. Im Jahr 2011 waren es noch ca. 7,2 Mio. Haustiere.
- Jährlich werden ca. 1,5 Mio. Tierheimtiere eingeschläfert (ca. 670.000 Hunde und 860.000 Katzen). Auch hier gehen die Zahlen immer weiter zurück. Im Jahr 2011 lag die Zahl bei 2,6 Mio.
- Ca. 3,2 Mio. Tiere werden jährlich adoptiert (1,6 Mio. Hunde und 1,6 Mio. Katzen).
- Etwa 710.000 Streuner finden jährlich ihren rechtmäßigen Besitzer wieder. Davon sind 620.000 Hunde und nur 90.000 Katzen.
- Laut APPA werden die meisten Hunde (34%) vom Züchter erworben, während 23% der Hunde und 31% der Katzen aus einem Tierheim oder einer Tierschutzorganisationen adoptiert werden.
- Laut der ASPCA’s National Rehoming Survey ist der Hauptgrund für eine Abgabe Verhaltensprobleme des Tieres, wie zum Beispiel Aggression. Aber auch gesundheitliche Probleme und die unerwartete Größe des Tieres werden als Gründe angegeben.
Adopt don’t Shop
Um auf Tierheimtiere aufmerksam zu machen, die dringend ein neues Zuhause suchen, wurde der “Adopt A Shelter Pet Day” ins Leben gerufen. Jedes Jahr am 30. April werden Menschen freundlich daran erinnert, zuerst Tierheime aufzusuchen, um nach einem neuen tierischen Freund zu suchen. An diesem Tag sind die Heime besonders gut besucht und viele Tiere finden ein neues “Rudel”. An dieser Stelle muss ich aber auch erwähnen, dass ich kein Fan davon bin, Tiere an bestimmten Tagen/Anlässen zu adoptieren/kaufen. Sei es Weihnachten, Ostern, Geburtstag oder eben Adopt A Shelter Pet Day.
EINMAL EINEN WELPEN ZUM MITNEHMEN BITTE
Mein Mann und ich haben uns einmal eines dieser Tierhandlungen angeschaut, in welchem Welpen verkauft werden. Wir waren neugierig und wollten mit eigenen Augen sehen wie es den Tieren dort ergeht. Im Geschäft wurden schätzungsweise 20 Welpen, unterschiedlichster Rassen, zum Verkauf angeboten. Zumindest waren dass die Tiere die wir als Besucher gesehen haben. Ob im Hinterraum eventuell noch weitere Welpen “gelagert” wurden kann ich nicht beurteilen.
Es ist erstaunlich wie schnell man sich in so unfassbar süße und kuschelige Wesen verlieben kann. Ein Welpe hatte unsere Aufmerksamkeit geweckt, weil wir von der Rasse noch nie etwas gehört hatten. Ein Soft Coated Wheaten Terrier. Sieht aus wie ein Teddybär. Ein Mitarbeiter hat unser Interesse sofort bemerkt und hat den süßen kleinen Racker kurzerhand aus seinem “Ausstellungskasten” geholt. Mitten im Laden waren drei quadratische Spielecken aufgebaut. In denen kann man sich näher mit den Welpen beschäftigen. Da saßen wir also in einer dieser zwei mal zwei Meter großen Spielecken und haben mit dem Hund gespielt. Der Mitarbeiter erklärte uns, dass alle Tiere von registrierten Züchtern aus der Umgebung stammen. Zwischen 1.000 und 5.000 Dollar kostet hier ein Welpe, inklusive Welpenstarterpaket. Die ersten Tierarztbesuche sind auch enthalten.
Ich hatte hier wirklich das Gefühl als würden die Welpen wie jede andere Ware auch behandelt. Wie soll man den 20 Welpen in so einem Laden Gerecht werden? Wie soll der Welpe anständig sozialisiert werden, wenn er den ganzen Tag in einem kleinen Kasten verbringt? Welcher seriöse Züchter verkauft seine Welpen unter solchen Bedingungen? Die Antwort lautet: keiner! Fast alle Welpen in den Tierhandlungen stammen aus sogenannten Puppy Mills.
PUPPY MILLS
Puppy Mills sind groß angelegte kommerzielle Hundezuchtbetriebe, bei denen der Profit über dem Wohlbefinden der Tiere liegt. Offiziell gibt es zwischen 2.000 und 3.000 Mills, mit jeweils 10 bis zu 1.000 Hunden, die vom Landwirtschaftsministerium (USDA) lizensiert sind. Die nötigen Auflagen für diese “Zuchtbetriebe” sind von Staat zu Staat unterschiedlich. Generell kann man aber sagen, dass die Anforderungen äußerst gering sind. Da nicht alle Staaten eine Lizenz erfordern und viele Betriebe illegal arbeiten, schätzt die Tierschutzorganisation ASPCA die Dunkelziffer auf 10.000 Puppy Mills. Missouri weist hierbei die höchste Konzentration an Mills auf, gefolgt von Pennsylvania, Ohio und upstate New York. Die kommerzielle Hundezucht ist vor allem unter Amischen und Mennoniten weit verbreitet.
Das Geschäft mit Welpen ist Millionen schwer. Pro Welpe investiert der selbsternannte Züchter ca. 50 bis 75 Dollar. Um den Gewinn zu maximieren, werden Hündinnen bei jeder Gelegenheit gedeckt, wobei ihnen zwischen den Würfen keine oder nur eine geringe Erholungszeit gegeben wird. Wenn sie physisch so erschöpft sind, dass sie sich nicht mehr vermehren können, werden die Weibchen oft getötet. In der Regel sind die Hunde in überfüllten und unhygienischen Einrichtungen untergebracht. Ohne ausreichende tierärztliche Versorgung, Nahrung, Wasser und Sozialisierung ist die Überlebenschance für schwache Welpen extrem gering. Diese Verluste werden stets einkalkuliert. Die überlebenden Hunde leiden oft an diversen Krankheiten und Verhaltensstörungen.
Quelle: ASPCA
ES BESTEHT HOFFNUNG
Die Jahrzehnte lange Aufklärungsarbeit von Tierschutzorganisationen scheint langsam aber sicher Früchte zu tragen. So wurde im Jahr 2008 die Einfuhr von Welpen unter sechs Monaten zum Zweck des Weiterverkaufs verboten. Mehr als die Hälfte aller US-Bundesstaaten hat beschlossen, höhere Standards für die Pflege kommerziell gezüchteter Tiere über das Mindestmaß hinaus zu erlassen, das vom Tierschutzgesetz (AWA) gefordert wird. Leider gibt es immer noch 21 Bundesstaaten die keinerlei Regulierungen für kommerzielle Züchter vorsieht.
Die wohl effektivste Maßnahme gegen Puppy Mills ergreifen Kalifornien und Maryland. Im “No More Puppy and Kitten Mills Act of 2018” dürfen keine Hunde und Katzen aus kommerziellen Zuchtbetrieben verkauft werden. Viele Städte in anderen Bundesstaaten nehmen sich ein Beispiel daran und verbieten ebenfalls den Verkauf von Puppy Mill Tieren. Hier gibt es eine detaillierte Liste.
Beitragsbild
Der Hund im Beitragsbild war eigentlich unsere erste Wahl, als wir nach einem Hund gesucht hatten. Die hübsche Hündin war super lieb und wollte einfach nur gestreichelt werden. Sie war bereits länger als zwei Monate im Tierheim. Als wir am nächsten Tag wieder ins Tierheim gefahren sind war die süße Maus leider nicht mehr da. Man teilte uns mit, dass sie adoptiert wurde. Nun ja, so recht überzeugt waren wir davon nicht. Dafür haben wir an diesem Tag unsere Joy gefunden. Die haben wir dann auch gleich am selben Tag mitgenommen. Hier geht es zum ausführlicheren Artikel über Joy.
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